„Sie schlafen also mit meiner Frau und wollen sie heiraten?“ – „Mit ihrer Erlaubnis, natürlich.“
Vorhang auf, und gleich dieser Dialog. Was für eine Eröffnung; könnte eine tolle Komödie draus werden, auch eine Tragödie. Anthony Shaffers Kriminalstück „Revanche. Ein Mord für zwei“ hat von beidem was, wofür der britische Autor (der für Hitchcock Drehbücher schrieb) den Tony Award für das beste Theaterstück erhielt, das unter dem deutschen Titel „Mord mit kleinen Fehlern“ sofort verfilmt wurde mit Michael Caine und Laurence Olivier. Das war 1972, und es ist erstaunlich (aber höchst verdienstvoll und pfiffig), das dieses intelligente, spannungsgeladene und obendrein raffiniert erotisch grundierte, zunächst als gewitztes Konversationsstück daher kommende, dann zunehmend handgreiflich und schusswütig werdende Verwirrspiel zweier Männer um Liebe, Lüge, Geld, Macht erst jetzt nach Berlin kam. Dem kreativen Kriminaltheater gebührt – wieder einmal die Palme!
Die beiden Männer sind Andrew (Silvio Hildebrandt), ein erfolgreicher Kriminalschriftsteller; einer also, der Geld hat, sich auskennt in den menschlichen Düsternissen und der verheiratet ist mit einer gern abwesenden Luxus-Tussi; der andere ist Milo (Sebastian Freigang), ein arbeitsloser Jungschauspieler, klamm bei Kasse, der als Liebhaber von Andrews verwöhnter Gemahlin ihr zwar seine jugendliche Kraft schenken kann, aber keinerlei Einkäufe in Edelboutiquen.
Vertrackte Lage, doch Andrew weiß Rat: Milo soll den kostbaren Schmuck aus seinem Safe stehlen, Andrew kassiert dann die Versicherungssumme und Milo darf die Klunker zu Knete machen. So sein teuflischer Plan, der freilich immer wieder gestört wird durch zunehmend verrückter werdende Überraschungen. Die unheimliche Chose geht, man ahnt es, nicht gut aus. Wie schlimm und bis zuletzt unvorhersehbar es aber wird, darf hier freilich nicht verraten werden. Nur so viel: Beide Herren sind durchtrieben, verlogen und skrupellos genug, sich gegenseitig mal zart und fast zärtlich, dann wieder knallhart und ohne Scheu vor Blutvergießen übern blank polierten Tisch zu ziehen. Nur schwer kommt ihnen da Inspektor Black (Anton Haffner) auf die Schliche.
Ein delikates Psycho-, ein brillantes Rede-Stück. Ein spannend komponierter Thriller als Kammerspiel (deutsche Übersetzung: Wolff Parr), das der großartige Präzisionsregisseur Wolfgang Rumpf mit fester leichter Hand auf die von Manfred Bitterlich ironisch-modernistisch dekorierte Salon-Bühne setzt. Meister Rumpf hat perfekt gecastet, was obendrein seiner exzellenten Regie zu Gute kommt - eben das subtil aufeinander abgestimmte und eingespielte Duo Hildebrandt-Freigang, zwei kluge und starke Hauptdarsteller mit verführerischem Oberflächenglanz, unter dem sie das Böse gehörig glimmen und kochen lassen. Intelligente Unterhaltung, feines Schauspielertheater. Ein toller Abend!
(wieder am 13., 14. April)
Der Komponist Karlheinz Stockhausen war zutiefst davon überzeugt, dass er einst auf dem Doppelstern Sirius ausgebildet wurde. Mit seinem Tod 2007 kehrte der Klassiker der Moderne – auch dessen war sich Stockhausen sicher – auf den Sirius zurück. In diesem fantastischen Sinne ist es nur logisch, dass die Komposition „Aries“ (Widder) aus Stockhausens Meisterwerk „Sirius“ für Trompete und Elektronik, an dem er zwei Jahre, von 1975 bis 1977, arbeitete, in einem Planetarium erklingt. Und noch dazu kommt „Cirrus“ (ebenfalls für Trompe und Elektronik) der amerikanischen Komponistin Lois Vierck. Der Astronomie-Experte Dr. Jürgen Rienow liefert obendrein eine populärwissenschaftliche Plauderei über die ferne Welt der Doppelsterne. Dazu die Frage: Auf welchen Planeten wäre tatsächlich menschliches Leben möglich. Und wenn ja: Wo genau wohnt nun Herr Stockhausen heute? – Außerdem: Aus der zuweilen wirklich etwas merkwürdigen Welt Stockhausens gibt der Musikwissenschaftler Arno Lücker einige pikante Details zum Besten. In die Trompete stößt leibhaftig der großartige Paul Hübner. Was für ein verrückter Abend in unvergleichlichem Ambiente.
Am Donnerstag, 13. April, 20 Uhr im Zeiss-Planetarium Prenzlauer Allee 80.
Hochzeiten pflegen ein Spektakel aus drei Akten zu sein: Der erste, der amtlich-zeremonielle; der zweite, der lukullisch-gesellige; der dritte, der sozusagen private Akt. Nicht anders auch die Vermählung fürstlicher Kinder, beispielsweise die der Tochter Johann Georg I. von Sachsen mit pässlichem Herrn 1627 in Torgau, nur hier eben alles entsprechend hocharistokratisch-opulent – „das churfürstliche Fräulein als Braut saß in einem Wagen, an dem man fast nichts als Gold und Silber sehen konnte“.
Doch kommen wir gleich zum zweiten Akt (der erste langweilt und drittens sind wir diskret). Laut Heuraths-Acta bleibt dokumentiert: Eine standesgemäß übliche Komposition aus Kabarett, Nervenkitzel, Erotik, Show – englische Komödianten, ergänzt durch „hupende und spielende germans“, Wolfshatzen, Ballett, Feuerwerk. Und natürlich mit Musik.
Zu diesem feinen Zwecke schipperten aus der Residenz dreißig Musikanten der Kurfürstlichen Kapelle (heute: Sächsische Staatskapelle) nebst ihrem Chef sowie acht Mann Verstärkung („Bergsänger“, also Laienjodler aus dem Erzgebirge) von Dresden die Elbe hinunter nach Torgau. Am 1. März trafen sie auf Schloss Hartenfels ein. 43 Tage später hatten sie ihren wichtigsten, am meisten erwarteten Auftritt: Nämlich am 13. April 1627, zwei Tage vor Schluss der mehrwöchigen Heuraths-Sause, genannt Fürstliches Beylager, im Anschluss an die Abendmahlzeit, war Premiere der „Pastoral-Tragicomoedie“ namens „Dafne“. Libretto: Der gerade zum „poeta laureatus“ gekrönte Dichter Martin Opitz; Musik: der zehn Jahre zuvor nach vier Jahren Italien-Aufenthalt (Italien als musikalische Hochburg und Wiege der Opernkunst…), zum kurfürstlich-sächsischen Hofkapellmeister ernannte Heinrich Schütz seine Grabstätte ist, durch Messing-Inschrift deutlich markiert, in der Dresdner Frauenkirche.
An diesem Frühlingsabend vor 390 Jahren, im Festsaal des Torgauer Schlosses, eine Autostunde elbabwärts von der Semperoper, schlug also mit der bittersüßen Geschichte der verzauberten Nymphe Dafne die Geburtsstunde der deutschen Oper.
Und noch ein passender Blick zurück: Vier Jahrzehnte später, am 27 Januar 1667, also just vor 350 Jahren, wurde mit „Il Teseo“ von Giovanni Andrea Moneglia das erste eigens für die Gattung Oper in der Residenzstadt Dresden fest errichtete Opernhaus mit Pomp eingeweiht: nämlich das sogenannte „Klengelsche Opernhaus“ , benannt nach dem Entwurf des sächsischen Oberlandbaumeisters Wolf Caspar von Klengel. Es ist der erste Vorgängerbau von Gottfried Sempers später weltberühmtem Theaterbau; offiziell „Churfürstliches Opernhaus am Taschenberg“ geheißen. Der 27. 1. 1667 gilt als Gründungsdatum der Dresdner Oper. 350 Jahre institutionalisierte Oper in Dresden! Was für Jubiläen an der Elbe.
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