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Kulturvolk Magazin

Erwin Piscator

Erwin Piscator (1893-1966)

Erwin Piscator ist einer der wichtigsten Regisseure des 20. Jahrhunderts; seine Inszenierungen der 1920er Jahre (u.a. an der Volksbühne) waren im Sinne eines „politischen Theaters“ geprägt und gelten durch den Einsatz damals neuester Technik (Film, Projektionen) als zum Teil bahnbrechend. Sie veränderten so die Sehgewohnheiten des Publikums.

Im New Yorker Exil (1938-51) prägte er als Dozent eine ganze Generation amerikanischer Schauspieler:innen.
Als Intendant des Theaters der Freien Volksbühne Berlin (1962-66) thematisierte er die im Theater und gesellschaftlich noch vielerorts verdrängte jüngste deutsche Vergangenheit (am bekanntesten in: „Der Stellvertreter“ von Rolf Hochhuth)

Foto: Raffaelo Bencini

Erwin Piscator und die Volksbühne

17. Dezember 1893

Erwin Piscator wird in Ulm geboren.

 

1913

Er ist als Volontär am Münchner Hof- und Nationaltheater tätig und studiert Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie an der Universität.

 

1915

Er erlebt den Krieg als Soldat an der Westfront.

 

1917

Als Regisseur und Schauspieler kommt Piscator zum Fronttheater im belgischen Kortrijk (Courtrai).

 

1918/19

Umzug nach Berlin und Beteiligung an der DADA-Bewegung. Er tritt in den Spartakusbund ein, der in der KPD aufgeht.

 

Herbst 1919

Erwin Piscator gründet und leitet mit Oscar Lucian Spaun das Theater „Das Tribunal“ in Königsberg. Dort heiraten Piscator und die Schauspielerin Hildegard Jurczyk (1900-1970).

 

1920

Mit Hermann Schüller, dem kommunistischen Jugendführer, gründet Erwin Piscator das „Proletarische Theater“ in Berlin, das in verschiedenen Sälen in den Arbeitergegenden spielt und führt bei den Stücken Regie.

 

1922

Erwin Piscator und der Dramatiker Hans José Rehfisch übernehmen das Central-Theater in der Alten Jakobstraße in Berlin, haben jedoch finanziell keinen Erfolg.

 

1924-1927

Er inszeniert zehn Stücke für die Volksbühne, ein Großteil davon sind Uraufführungen, die er unter Verwendung damals neuester Techniken entwickelt.

 

1924

Erste Inszenierung für die Volksbühne im Theater am Bülowplatz: „Fahnen“ von Alfons Paquet.

 

1927

„Volksbühnenkrach“:

Zwischen Erwin Piscator und der Volksbühne kommt es nach der Uraufführung von Ehm Welks „Gewitter über Gottland“ zum Bruch. Dem Vorstand ist die Inszenierung politisch zu tendenziös und er unternimmt ohne Absprache mit Piscator Eingriffe in die Inszenierung.

 

1927-1931

Die Piscator-Bühnen:

Vermittelt durch die Schauspielerin Tilla Durieux erhält Erwin Piscator vom Brauereidirektor Ludwig Katzenellenbogen die finanzielle Grundausstattung zur Eröffnung eines eigenen Theaters.

 

1928

Finanzieller Zusammenbruch der ersten Piscator-Bühne.

 

1929

Eröffnung der zweiten Piscator-Bühne im Theater am Nollendorfplatz mit der Uraufführung von Walter Mehrings „Der Kaufmann von Berlin“. Wenige Wochen später bricht auch dieses Unternehmen zusammen.

 

1930/31

Erwin Piscator und seine Frau Hildegard trennen sich.

 

1932

Erwin Piscator reist in die Sowjetunion. Dort dreht er den Film „Aufstand der Fischer“ nach einem Roman von Anna Seghers.

 

1933

Die Nazis beginnen kurz nach der Machtübernahme mit der Gleichschaltung der Institutionen.

 

Im Mai erklärt Dr. Siegfried Nestriepke seinen Rücktritt als Geschäftsführer der Volksbühne e.V. und als Verwaltungsdirektor des Theaters.

 

25. April 1937

Erwin Piscator und die ehemalige Tänzerin Maria Ley (1898-1999) heiraten in Neuilly, Frankreich.

 

1938

Piscator emigriert nach Amerika.

 

1939

Die von den Nazis betriebene Zerschlagung der Volksbühne führt zum Ziel: Im März löst sich der Verein Volksbühne auf, das Vermögen fällt an das Deutsche Reich.

 

Erwin Piscator gründet an der New School for Social Research in New York den Dramatic Workshop, in dem angehende Theaterleute umfassend in allen Belangen des Theaters ausgebildet werden sollen.

 

1947

Getrennte Neugründung der Volksbühnenvereine in Berlin Ost und West.

 

1951

Vor dem Hintergrund der antikommunistischen Untersuchungen durch den McCarthy-Ausschuss kehrt Erwin Piscator nach Deutschland zurück.

 

Um 1960

Korrespondenz zwischen Piscator und Dr. Siegfried Nestriepke bezüglich der Intendanz des Theaters der Freien Volksbühne (Theater am Kurfürstendamm).

 

1961

Erste (Gast-)Inszenierung Piscators für die Freie Volksbühne Berlin.

 

1962

Auf der Gesellschafterversammlung der FVB-Theaterbetriebs GmbH am 10. Februar wird Erwin Piscator zum Intendanten gewählt und bleibt dies bis zu seinem Tod.

 

Erwin Piscator thematisiert während seiner Intendanz durch seine Stückdeutung (im Falle der „Atriden-Tetralogie“) bzw. durch seine Stückauswahl („Der Stellvertreter“, „Die Ermittlung“, „Der Aufstand der Offiziere“) die gesellschaftlich noch vielerorts verdrängte jüngste deutsche Vergangenheit sowie die Bedrohung durch die atomare Aufrüstung („In der Sache J. Robert Oppenheimer“).

 

1963

Am 30. April wird das neue Theater der Freien Volksbühne Berlin in der Schaperstraße feierlich eröffnet.

Einen Tag später findet die Eröffnungspremiere mit Romain Rollands „Robespierre“ statt.

 

1966

Erwin Piscator stirbt am 30. März und wird am 6. April 1966 auf dem Waldfriedhof in Berlin-Zehlendorf beerdigt.

Erwin Piscator and the Volksbühne

17th December 1893

Erwin Piscator is born in Ulm.

 

1913

He volunteers at the Munich Court and National Theatre and studies German language and literature, art history and philosophy at the
university.

 

1915

He experiences the war as a soldier on the Western Front.

 

1917

As a director and actor, Piscator joins the Front Theatre in Kortrijk (Courtrai), Belgium.

 

1918/19

Moves to Berlin and participates in the DADA movement. He joins the Spartakusbund, which is absorbed into the KPD.

 

Autumn 1919

In collaboration with Oscar Lucian Spaun, Erwin Piscator founds and directs the theatre "Das Tribunal" in Königsberg, where Piscator and the actress Hildegard Jurczyk (1900-1970) marry.

 

1920

With the communist youth leader Hermann Schüller, Erwin Piscator founds the "Proletarian Theatre" in Berlin, which is performed in various halls in the workers' neighbourhoods. He also directs the plays.

 

1922

Erwin Piscator and the dramatist Hans José Rehfisch take over the Central-Theater in the Alte Jakobstraße in Berlin, but are not financially successful.

 

1924-1927

He stages ten plays for the Volksbühne (theatre at Bülowplatz), a large number of which are world premieres that he develops using the latest techniques at the time.

 

1924

First production for the Volksbühne at the theatre am Bülowplatz: "Fahnen" by Alfons Paquet.

 

1927

"Volksbühnenkrach":
Erwin Piscator and the Volksbühne split after the premiere of Ehm Welk's "Gewitter über Gottland". The board finds the production too politically tendentious and interferes with the production without consulting Piscator.

 

1927-1931

The Piscator Stages:
Through the actress Tilla Durieux, Erwin Piscator receives basic funding from the brewery manager Ludwig Katzenellenbogen to open his own theatre.

 

1928

Financial collapse of the first Piscator stage.

 

1929

Opening of the second Piscator stage at the theatre on Nollendorfplatz followed by the world premiere of Walter Mehring's "Der Kaufmann von Berlin". A few weeks later, this enterprise also collapses.

 

1930/31

Erwin Piscator and his wife Hildegard separate.

 

1932

Erwin Piscator travels to the Soviet Union, where he produces the film "Rebellion of the Fishermen" based on a novel by Anna Seghers.

 

1933

The Nazis begin to bring the institutions into line shortly after coming to power.

 

In May, Dr. Siegfried Nestriepke announces his resignation as Managing Director of the Volksbühne e.V. and as Administrative Director of the theatre.

 

25th April 1937

Erwin Piscator and the former dancer Maria Ley (1898-1999) marry in Neuilly, France.

 

1938

Piscator migrates to America.

 

1939

The Nazis' efforts to dismantle the Volksbühne are successful: in March, the Volksbühne association is dissolved and its assets are transferred to the German Reich.

 

Erwin Piscator founds the Dramatic Workshop at the New School for Social Research in New York, where aspiring dramatists are to receive comprehensive training in all aspects of theatre.

 

1947

Separate re-establishment of the Volksbühnen associations in Berlin East and West.

 

1951

Against the background of the anti-communist investigations by the McCarthy Committee, Erwin Piscator returns to Germany.

 

Around 1960

Correspondence between Piscator and Dr. Siegfried Nestriepke regarding the directorship of the theatre of the Freie Volksbühne ("theatre on Kurfürstendamm").

 

1961

Piscator's first (guest) production for the Freie Volksbühne Berlin.

 

1962

At the shareholders' meeting of FVB-Theaterbetriebs GmbH on 10th February, Erwin Piscator is elected Artistic Director and remains so until his death.

 

During his directorship, Erwin Piscator addresses the recent German past, which was still repressed in many places, as well as the threat of nuclear armament ("In der Sache J. Robert Oppenheimer") through his interpretation of the play (in the case of the "Atrides Tetralogy") and his choice of plays ("Der Stellvertreter", "Die Ermittlung", "Der Aufstand der Offiziere").

 

1963

On 30th April, the new theatre of the Freie Volksbühne Berlin in Schaperstraße is ceremoniously opened.
The opening premiere with Romain Rolland's "Robespierre" takes place one day later.

 

1966

Erwin Piscator dies on 30th March and is buried on 6th April 1966 at the Waldfriedhof in Berlin-Zehlendorf.

 

Zusammenstellung: Frank-Rüdiger Berger

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