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Kulturvolk Magazin

Die Gründungsjahre

Die Freie Volksbühne Berlin wurde 1890 als erste kulturpolitische Massenorganisation der deutschen Arbeiterbewegung mit dem Ziel gegründet, gesellschaftlich und sozial schwächer gestellten Bevölkerungsgruppen einen Zugang zu Bildung und zum kulturellen Leben zu ermöglichen. Schon bald nach ihrer Gründung wurde aus dem Verein eine große Organisation, die kulturpolitische Akzente setzte und eine wechselvolle Geschichte durchlief.

 

Im Aufruf zur Gründung einer Freien Volksbühne wurden am 23. März 1890 Ziel und Anspruch der Freien Volksbühne Berlin im Berliner Volksblatt unter dem Motto "Die Kunst dem Volke!" zusammengefasst. Die gravierenden gesellschaftspolitischen Veränderungen der Zeit ermöglichten erst den Versuch, die Ausgrenzung des Proletariats aufzuheben. Die Freie Volksbühne ermöglichte ihren Mitgliedern den Theaterbesuch zu ermäßigtem Preis, indem sie einen einheitlichen Mindest-Betrag von damals 50 Pfennig festlegte und die Sitzplätze jeweils verloste. Erstmals in der Geschichte traten so organisiertes Theater und organisiertes Publikum einander gegenüber. Neben dem Mann der ersten Stunde, dem Theaterdirektor Otto Brahm, stand der kämpferische Dr. Bruno Wille, dessen erklärtes Ziel sowohl gestalterische als auch parteiliche Unabhängigkeit war und der den Mitgliedern der neuen Organisation soviel Gestaltungsfreiheit wie möglich einräumen wollte. Die Volksbühne sollte lediglich auch für eine breitere Arbeiterschicht bezahlbar sein. Brahm selbst, der zuvor u.a. auch das Deutsche Theater geleitet hatte, nahm die Freie Bühne als unmittelbares Vorbild für die Freie Volksbühne. Wie die Freie Bühne sollte auch sie Stücke in ihren Spielplan aufnehmen, die von der Zensur verboten waren und daher an den öffentlichen Bühnen nicht gespielt werden durften. In den geschlossenen Aufführungen für die Mitglieder konnten neben beliebten Klassikern von Goethe und Schiller also auch aktuelle und kritische Bühnenstücke gezeigt werden. Das Bestreben nach eigenständiger künstlerischer Leitung spiegelt sich auch im Namen FREIE Volksbühne wider. Mit der ersten Aufführung, Henrik Ibsens "Stützen der Gesellschaft", nahm die Freie Volksbühne ebenfalls eine programmatische Auswahl vor und erfuhr gleichermaßen Jubel und Kritik. Gerhart Hauptmanns frühe Entwicklung war eng mit der Freien Volksbühne verknüpft.

 

Bald nach der Ibsen-Premiere wurde Hauptmanns bereits an der Freien Bühne uraufgeführtes Drama "Vor Sonnenaufgang" in Anwesenheit des Autors auch in der Freien Volksbühne inszeniert.

 

Begleitet wurden die Aktivitäten der Freien Volksbühne von Anbeginn an durch regelmäßig erscheinende Vereinsblätter oder Monatsschriften für die Mitglieder. Lebhafte interne Diskussionen über die künstlerische Entwicklung prägten die junge Organisation ebenso wie die politischen Instrumentalisierungsversuche und die damit einhergehend kritische Beäugung durch das wilhelminische Deutschland, dem die kulturelle Erhebung der Arbeiterschicht zutiefst suspekt war.

 

Bereits 1892 wurde Wille in einer Generalversammlung nach einer eklatanten Auseinandersetzung mit dem damaligen Vorstandsmitglied Julius Türk gestürzt und gründete daraufhin die "Neue Freie Volksbühne". Am selben Tag wählte die Freie Volksbühne den damaligen führenden Kopf der Arbeiterbewegung, Franz Mehring, zum neuen Vorsitzenden. Fortan existierten so zwei getrennt operierende Volksbühnenvereine in Berlin, die erst ab 1913 mit dem gemeinsamen Ziel ein eigenes Theater zu bauen, wieder kooperieren und sich 1919 wieder vereinigen sollten.

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