„Du hast mir diesen Witz erzählt. Zwei Juden unterhalten sich. Sagt der eine, ich wandere aus. Nach Australien. Sagt der andere, Australien?! Das ist doch so weit weg! Sagt der erste, weit weg von wo? Na ja. Ich weiß, du hast mir das als Witz erzählt und auf rhetorische Fragen gibt man keine Antwort, aber ich habe eine. Ich weiß, was mein weit weg von ist. Weit weg von dir ist weit weg.“ (Auszug aus „Muttersprache Mameloschn“)
Eine Wohnung in Berlin. Gegenwart. Eine Familie. Großmutter, Mutter, Enkeltochter, leben hier, miteinander und gegeneinander. Die drei Frauen erzählen und erinnern sich, suchen und verfehlen sich, finden und verletzen sich. Drei Generationen, drei Jüdinnen in Deutschland durchwühlen Berge von Geschichten und Geschichte. Erklimmen den einen Berg, zertrümmern den anderen, fallen vom nächsten, doch immer mit Witz und voller Härte, mit Ironie und großem Humor. Diese Frauen haben keine gemeinsame Sprache, nie gehabt oder längst nicht mehr, man weiß es nicht. Also suchen sie ihre »Mame-Loschn«, ihre Muttersprache für sich und andere. Wie einst das Jiddische, das als Sprache einst von Millionen sehr unterschiedlichen Menschen gebraucht, verstanden und gelebt wurde. Großmutter Lin hat als Kommunistin und linientreue Künstlerin die DDR »gelebt« und dabei ihre Tochter Clara verloren. Clara, von Verlustängsten getrieben, hasst ihr Jüdischsein, das ihr nie wirklich nah gebracht wurde. Sie versucht zwanghaft ihr Leben auf den Kopf zu stellen, sich neu zu erfinden, ehe es zu spät ist. Rahel ihre Tochter ist auch auf dem Weg zu sich und weiß nicht wer das sein könnte »Ich«. Sie muss raus aus zu viel Vergangenheit, raus aus der »Mishpoche« und geht nach New York. Doch wie lebt und verlässt man eigentlich eine Familie ohne sie je gefunden zu haben? Wie lässt man eine Vergangenheit hinter sich, die nicht die eigene ist? Und wo steckt eigentlich Davie, der Enkel, geliebte Sohn und vermisste Bruder?
Sasha Marianna Salzmann erzählt mit großer „Chuzpe“ eine Familiengeschichte zwischen Schmerz und Glück. Und die Geschichte einer erstaunlichen Desintegration, die die Kraft hat, Menschen sich und einander näher zu bringen.
Regie | Hakan Savas Mican |
Bühne | Alissa Kolbusch |
Kostüme | Sylvia Rieger |
Musik / Live-Musik | Daniel Kahn |
Video | Sebastian Lempe |
Dramaturgie | Holger Kuhla Clara Probst |
Mit | Anastasia Gubareva Daniel Kahn Alexandra Sinelnikova Ursula Werner |